Party im Palast I:
Hochzeit Prinz Carl Philip + Sofia Hellqvist
Hochzeit Prinz Carl Philip + Sofia Hellqvist
Quelle: Link zu einer externen Seite Kungahuset.se / Mattias Edwall
Am 13. Juni war es dann also so weit: Link zu einem Wikipedia-Artikel Carl Philip, Prinz von Schweden und Herzog von Värmland, und Sofia Hellqvist haben geheiratet. Die englische Wikipedia formuliert mit leicht gespitzten Lippen so schön wie scharf: [ein] former semi-nude glamour model, bei uns wäre sie halt irgendwie als C- bis D-Promi irgendwo bei RTL bis RTL II verortet gewesen, heiratet seinen Prinzen. Sei es, wie es sei, "die Liebe hat gesiegt" würde einer der anstrengenden ZDF-Moderatoren sicherlich gesagt haben.


Was mir in Erinnerung geblieben ist...

...ich werde alt. Und spießig. Selten hat mich an einer Hochzeit so viel gestört. Ich halte mich - hielt mich bisher für äußerst tolerant. Diese Hochzeit, vielleicht auch der Bräutigam und/oder die Braut, vielleicht die Hochzeit selbst brachten mich etwas an meine Grenzen der Begeisterung für royale Ereignisse.

...ich kann nicht leugnen, dass ich Enya beim Einzug der Braut in die Kirche, Rihanna und Coldplay während der Messe und eine Musik aus Sister Act 2 beim Auszug persönlich als sehr, sehr anstrengend empfinde. Ich bin kein großer Kirchengänger, vermutlich nicht mal -freund, aber es ist für mich dann immer noch eine Kirche und kein Club - ich hatte ja gesagt, ich werde spießig. Ich war irgendwie beruhigt, dass der angekündigte Avicii dann aber doch für die Feier am Abend eingeplant war.

...diese vor Schleim triefende Popmusik dann auch noch als besonderen Beweis der Liebe des Brautpaares zueinander darzustellen, gebührte den sich dem Musikniveau problemlos anpassenden Moderatoren des ZDF. Wann gibt es endlich eine Petition gegen Norbert Lehmann als Kommentator von solchen Übertragungen? Ich will zeichnen!

...und damit ich meine neu erworbene Intoleranz und Spießbürgerlichkeit noch ein weiteres Mal ausleben kann: man achte bei dem Erwerb von Tattoos darauf, ob man diese dann auch noch in jeder Lebenslage schön finden kann. Als - ich zitiere - former semi-nude glamour model kommt so etwas bestimmt ganz hervorragend, wenn es dann aber statt des Betreibers eines drittklassigen Etablissements dann doch der Prinz von Schweden als Bräutigam wird, sieht es eher auf den zweiten Blick gut aus. Und ich mag mir auch gar nicht vorstellen, wo da wohl noch überall Tattoos lauern... Okay, ich gebe zu, dass war ein mieser Männerspruch. Aber bei Tattoos oder gar diesen Unterarmkomplettbemalungen von FußballerInnen streikt mein gutes Benehmen zunehmend.

...König Carl XVI. Gustaf und Königin Silvia schauten dem munteren Treiben ziemlich gelassen zu. Der König grinste manchmal etwas irritiert, weil er sich wohl auch auf einem Konzert wähnte, aber was tut man nicht alles für die Kinder. Und vermutlich war er froh, dass der Spross endlich unter die Haube kam. Erst ein Fitnesstrainer, dann ein Investmentbanker, nun ein, nein, keine Sorge, ich zitiere nicht erneut, ein ehemaliges Fernsehsternchen, da ist man als König vermutlich froh, wenn das mit dem Heiraten dann mal durch ist.

...so, und nun zu den erfreulichen Dingen. Prinzessin Estelle hatte ihren ersten großen Auftritt als Blumenmädchen. Und für eine Dreijährige hat sie das ganz hervorragend gemacht, sprich sie ist nicht negativ aufgefallen, falls so kleine Kinder das überhaupt können, negativ auffallen.

...apropos kleine Kinder. Cousine Leonore hielt dafür eine halbe Reihe in der Kirche in Bewegung. Ihr Vater wurde des agilen Kleinkinds auch nicht wirklich Herr, die komische Frau in rot (Königin Margrethe II. von Dänemark) wollte auch nicht wirklich mit ihr spielen und guckte eher griesgrämig (ich würde ja auf die Musik tippen) und Mama Madeleine hatte wirklich ausgiebig mit dem jetzigen kleinen Bruder Nicolas zu tun. Es war also vermutlich ganz schrecklich langweilig. Aber dann kam endlich Onkel Daniel ins Spiel. Als zukünftiger Prinzgemahl ja vermutlich eh mehr mit der Hausmannrolle befasst und zudem ja eben auch selbst Papa einer Tochter, griff der sich dann die kleine Hummel und siehe da, das Kind wurde endlich adäquat bespielt und es war Ruhe im Karton. Große Hochachtung.

...Prinz Daniel war aber nicht nur einer der wenigen Männer, der positiv auffiel, er war überhaupt einer der wenigen anwesenden Männer. Die meisten glänzten nämlich durch Abwesenheit. So kam es beim Defilee der Gäste zu einer großartigen Vier-Königinnen-Variante: Maxima, Mathilde, Sonja und Margrethe, alle ohne Männer, alle sehr schick, ganz großes Kino. Besonders augenfällig wurde der Mangel an Männern dann, als bei Coldplays Fix You die meisten Frauen mit den Tränen zu kämpfen hatten und reflexartig nach der Hand ihres Partners griffen. Tja, nun, alle eben außer den vier Königinnen. Okay, Margrethe und Sonja war eh nicht so nach weinen (Coldplay?!?), aber Mathilde und Maxima hätten schon gern. Glaube ich.

...also, wenn es das Brautpaar so schön fand, dann ist es ja auch gut gewesen. Ich fand es eher so mittel, aber das haben Sie sich vermutlich schon gedacht. Viel schlimmer: das war so ziemlich die letzte große Hochzeit in dieser Generation. Es fehlt eigentlich nur noch einer, Prince Harry of Wales. Aber das kann ja vermutlich noch dauern.


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